4.3. Verstopfung (Obstipation)

Definition

Als Obstipation wird eine Anschoppung im Darm von eingetrocknetem Nahrungsbrei bezeichnet, die die Passage des Darminhalts behindern, oder vollständig blockieren kann. An physiologischen Engpässen im Darm kommt es durch Fremdkörper, Sedimentierungen, Anhäufungen und Austrocknung von Nahrungspartikeln zu Verstopfungen.  (BECKER et al. 2017)

Entstehung und Ursachen

Eine herabgesetzte Darmperistaltik durch Bewegungsmangel, Überanstrengung, Sandablagerungen, Parasitenbefall, oder aber aufgrund des fortgeschrittenen Alters eines Pferdes, kann die Obstipationsentstehung beeinflussen (MEYER und COENEN 2014). Weiter können unzureichend zerkleinerte Futterbestandteile, etwa durch Zahnprobleme oder eine hastige Nahrungsaufnahme, welche ein mangelhaftes Kauen und  Einspeicheln zur Folge haben, ursächlich sein. Die Aufnahme von gehäckseltem Raufutter und  Einstreu, sowie verholztem Stroh und Heu erhöht allgemein das Risiko für Obstipationen. (BECKER et al. 2017)

Aber auch ein Wassermangel, durch hohe Schweißverluste oder eine ungenügende Wasseraufnahme, kann Verstopfungen hervorrufen. Eine Kolik aufgrund einer Obstipation verstärkt den Mangel an Wasser meist, durch eine fehlende Wasseraufnahme, eine unterbrochene Wasserpassage durch die Obstipation und weitere Schweißverluste infolge des Kolikgeschehens. (MEYER und COENEN 2014)

Je nach Darmabschnitt kommen unterschiedliche auslösende Faktoren für die Obstipation in Frage, welche im Folgenden einzeln erläutert werden.

4.3.1. Dünndarmobstipation

Definition

Obstipationen im Dünndarm entstehen meist im Ileum, seltener im Jejunum und Duodenum. Durch die anatomischen Gegebenheiten im Ileum, wie die starke Ringmuskulatur, das enge Darmlumen und der Übergang zum Zäkum, ist diese Engstelle im Verdauungskanal besonders prädisponiert für Obstipationen. Der Übergang vom Ileum zum Zäkum stellt so den dritthäufigsten Ort der Entstehung einer Obstipation beim Pferd dar. (BECKER et al. 2017)

Entstehung und Ursachen

Ursächlich ist meist die Aufnahme von vorzerkleinertem Raufutter oder Einstreu in Häckselform, welches vom Pferd nicht ausreichend im Maul zermahlen wird (GERBER et al. 2016; MEYER und COENEN 2014). Aber auch die Aufnahme von feinfaserigem Gras, wie Windhalme, kann zu Dünndarmobstipationen führen (MEYER und COENEN 2014). Grobe, schlecht gekaute Pflanzenfasern können verfilzen und so zu einer Anschoppung, des sonst recht flüssigen Dünndarminhalts führen. Durch spastische Kontraktionen der Darmwand, wird die zuerst noch enthaltene Flüssigkeit aus der Anschoppung gepresst. (BECKER et al. 2017).

Weitere Einflussfaktoren, die die Entstehung einer Dünndarmverstopfung fördern können, sind Verwurmungen, sowie lange Fütterungspausen. Lange Nüchternzeiten können für das Fehlen von Reflexen aus dem Verdauungstrakt verantwortlich sein. Aber auch Reflexstörungen am Übergang von Ileum zu Zäkum können ursächlich sein. (BECKER et al. 2017)

Symptome

  • durch die dauerhafte Dehnung der Darmwand werden Schmerzen ausgelöst
  • geringe, dann zunehmend stärkere Kolikanzeichen (BECKER et al. 2017)
  • Durch den Rückstau von Gas, Flüssigkeit und Nahrungsbrei kommt es, je nach Lokalisation im Dünndarm innerhalb von 3 – 12 Stunden, zu einer sekundären Magenüberladung mit entsprechenden Symptomen (GERBER et al. 2016).
  • 4.3.2. Blinddarmobstipation

    Definition

    Obstipationen zählen zu den häufigsten auftretenden Erkrankungen im Zäkum. Unterschieden wird eine akute, meist fütterungsbedingte Blinddarmobstipation, welche sich nach wenigen Tagen auflöst, und einer chronisch-rezidivierenden Form, welche sich aus einer akuten Obstipation entwickeln kann. (BECKER et al. 2017) Im Folgenden wird lediglich auf die akute, ernährungsbedingte Form eingegangen.

    Entstehung und Ursachen

    Akute Zäkumobstipationen entwickeln sich meist aufgrund von kurz gehäckseltem Heu und Stroh, mit einer Länge von unter 2-3cm. Auch die Aufnahme von sehr kurzem Gras oder Heucobs, welche aus gepressten Heuhäckseln oder Grünmehlen bestehen, kann zu Obstipationen im Zäkum führen. (MEYER und COENEN 2014) Aus den grobfaserigen Bestandteilen entstehen Anschoppungen im Blinddarm (GERBER et al. 2016), hinter denen sich immer mehr fester Nahrungsbrei ansammelt, bis es letztendlich zu einem Darmverschluss kommt (BECKER et al. 2017). Es besteht die Gefahr einer Darmruptur (GERBER et al. 2016).

    Symptome

    Blinddarmobstipationen verlaufen in den meisten Fällen mit milden Kolikanzeichen. Die Futteraufnahme ist reduziert. Kommt es zum vollständigen Verschluss des Darmrohrs, wird die Kolik heftiger. Je nach Grad und Dauer der Verstopfung wird nur wenig bis gar kein Kot abgesetzt. (BECKER et al. 2017)

    Therapieunterstützende Fütterungsmaßnahmen

    Erkrankte Pferde sollten keine Nahrung mehr aufnehmen können. Lediglich sehr geringe Mengen, in Form einer Hand Raufutter, können mehrmals täglich angeboten werden. Wasser sollte jedoch dauerhaft frei zur Verfügung stehen. Die Gabe von Leinsamenschleim kann unterstützend wirken. (GERBER et al. 2016)

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    4.3.3. Kolonobstipation

    Definition

    Im Kolon findet man die häufigsten Anschoppungen beim Pferd (GERBER et al. 2016; MEYER und COENEN 2014). Die Ursachen hierfür können unterschiedlich sein, da neben der Wasserrückresorption auch Verdauungs- und Transportvorgänge eine wichtige Rolle in der Funktion des Kolons spielen (BECKER et al. 2017).

    Entstehung und Ursachen

    Durch einen Wassermangel, sowie durch hohe Schweißverluste kann es zur Eindickung des Nahrungsbreis und auch zu einem Verlust der Darmfloraaktivität kommen.

    Parasiten, Stress, Bewegungsmangel, wie auch Witterungseinflüsse können die Darmmotorik beeinflussen und hemmen, sodass die Darmpassage ins Stocken kommt. (BECKER et al. 2017)

    Ursächlich für eine Kolonobstipation kann aber auch eine hohe Aufnahme von schwerverdaulichem, faserreichem, verholztem und stängligem Raufutter, wie Stroh, altes Gras oder spät geerntetem Heu sein. Außerdem kann eine mangelnde Zerkleinerung des Futters, aufgrund von hastigem Fressen, Zahnproblemen oder vorzerkleinerten Häckseln die Entstehung einer Verstopfung des Kolons fördern. (BECKER et al. 2017; MEYER und COENEN 2014)

    Symptome

    • Kolikschmerzen häufig erst, wenn die Anschoppung eine erhebliche Größe angenommen hat (BECKER et al. 2017)
    • eher milde Koliksymptome, die mit längeren, symptomlosen, beschwerdefreien Pausen wechseln
    • typisch ist die Streckstellung, die die Pferde auch einnehmen um Harn abzusetzen
    • kaum gestörtes Allgemeinbefinden
    • wechselhafter Appetit
    • reduzierte Wasseraufnahme
    • Absatz von kleinen, trockenen und harten Kotballen, bis hin zu sistierendem Kotabsatz (BECKER et al. 2017; GERBER et al. 2016)

    Therapieunterstützende Fütterungsmaßnahmen

    Neben der tierärztlichen Behandlung kann unterstützend das Pferd immer wieder im Schritt geführt und kleine Portionen Heu angeboten werden, um die Darmperistaltik anzuregen. Durch große Wassermengen wird versucht, die Anschoppung im Darm einzuweichen und so lösen zu können. Wasser sollte deshalb stets zur freien Verfügung stehen. (GERBER et al. 2016)

    Nach einer überstandenen Kolonobstipation sollte das Pferd mit hochverdaulichem Raufutter wie Gras, Luzerne oder einem frühen ersten Heuschnitt angefüttert werden. Es ist stets auf eine ausreichende Versorgung mit Wasser zu achten. Die Ursache der Verstopfung sollte abgestellt werden. (MEYER und COENEN 2014)